Augenmaß bei Tarifverhandlungen gefordert
Rund 35.000 Triebfahrzeugführende (Tf) sorgen dafür, dass in Deutschland die Züge rollen. Von diesen sind ca. 20.000 für den Nahverkehr auf der Schiene (SPNV) im Einsatz. Doch 40 Prozent von ihnen sind bereits über 50 Jahre alt, was zur Folge hat, dass jährlich rund 1.100 Tf aus dem Berufsleben ausscheiden. Darüber hinaus verliert der SPNV jährlich knapp 700 Tf durch Jobwechsel oder einen Verlust der Fahrtauglichkeit. In Summe müssen daher jedes Jahr fast 2.000 neue Triebfahrzeugführerinnen und -führer neu ausgebildet werden, um überhaupt den derzeitigen Personalstand aufrecht zu erhalten.
Erschwerend kommt hinzu: bundesweit fehlen bereits rund 1.700 Fachkräfte im Fahrdienst des SPNV, um die vertraglich vereinbarten Leistungen erbringen zu können. Wenn es nicht schnellstmöglich gelingt, ausreichend Personal für den Beruf des Tf zu gewinnen, ist es nur noch eine Frage der Zeit, dass anstelle der heutigen einzelnen personalbedingten Ausfälle das Angebot „planmäßig“ um mehr als 5 Prozent reduziert werden muss.
Um sich dem verkehrspolitischen Ziel der Bundesregierung, die Verkehrsleistung auf der Schiene bis 2030 zu verdoppeln, überhaupt annähern zu können, benötigen wir jedoch einen deutlichen Angebotsausbau in den kommenden Jahren. Dafür sind viele weitere zusätzliche Fachkräfte im Führerstand notwendig – die jetzige Belegschaft kann keine höheren Fahrleistungen erbringen. Eine Absenkung der Wochenarbeitszeit würde zu einem noch höheren Bedarf an Fahrpersonalen führen und somit das Risiko steigen lassen, dass künftig weniger statt mehr Züge verkehren.
Dazu BSN-Präsident Thomas Prechtl: „Unstrittig ist, dass wir attraktive Arbeitsbedingungen benötigen, um Menschen für den Beruf des Tf zu gewinnen. Wir appellieren jedoch an die Tarifparteien, auch den vorhandenen Fachkräftemangel bei ihren Verhandlungen im Blick zu behalten und die bereits prekäre Personalsituation nicht noch durch Arbeitszeitverkürzungen weiter zu verschärfen. Am Ende sind die Fahrgäste die Leidtragenden, wenn Züge wegen Personalmangel ausfallen müssen.“
Die Aufgabenträger im SPNV und die Eisenbahnverkehrsunternehmen engagieren sich bereits seit Jahren intensiv, um dem Personalmangel entgegenzuwirken. Nur vereint kann es gelingen, das Verkehrsangebot stabil zu halten und die Anforderungen an die Belegschaft nicht weiter zu erhöhen.
Gleichwohl ist es angesichts des bundesweiten Fachkräftemangels schwierig, neues Personal zu gewinnen. Die gesamte Branche ist gefordert, mit einer hohen Anzahl an Ausbildungslehrgängen zum Triebfahrzeugführenden das volle Potenzial auszuschöpfen.
„Wir müssen alles in unserer Macht stehende unternehmen, damit die Verkehrswende nicht durch fehlendes Personal ausgebremst wird. Um unseren Fahrgästen ein sicheres und stabiles Verkehrsangebot bieten zu können, ist es daher zentral, dass wir dauerhaft genügend Fahrpersonal vorhalten“, stellte Prechtl abschließend fest.